In the Heart of Another Country erkundet den Heimatbegriff als Gefühl der Sehnsucht und Zugehörigkeit von Künstler*innen verschiedener Diasporagruppen. Die Ausstellung widmet sich der Frage, in welcher Weise physische Bewegung – Mobilität über Ländergrenzen hinweg – die Rahmenbedingungen des internationalen zeitgenössischen Kunstschaffens formten.
Auf ihren Migrationsrouten durchquerten die Künstler*innen Süd- und Westasien, Afrika und die Karibik. Die meisten von ihnen leben heute über die ganze Welt verstreut und weit von den Orten entfernt, zu denen sie sich ursprünglich zugehörig fühlten.
Mit mehr als 140 Kunstwerken aus der internationalen Sammlung der Sharjah Art Foundation, VAE, präsentiert In the Heart of Another Country die Arbeit von 61 Künstler*innen aller Kunstrichtungen. Viele dieser Werke wurden bisher selten oder nie außerhalb ihres ursprünglichen Zusammenhangs ausgestellt. Die Exponate reichen von frisch restaurierten Installationen bis zu aktuellen Neuerwerbungen, die verbunden sind durch ein gemeinsames Narrativ der Zugehörigkeit.
In the Heart of Another Country steht für das Ziel der Sharjah Art Foundation, mit ihrer Sammlung Kunst zu zeigen, die Ost-Ost- und Süd-Süd-Bündnisse postuliert, und an einem Schnittpunkt zusammenzuführen, um eine fruchtbare Grundlage für eine vielstimmige und inklusive Kunstgeschichte zu schaffen.
In the Heart of Another Country illustriert menschliche Erfahrungen in einer von Vertreibung und Mobilität bestimmten Welt anhand der Werke dreier Generationen von Künstler*innen aus verschiedenen Diasporagemeinschaften. An einem Schnittpunkt kreuzen sich ihre Wege: In der Hafenstadt Sharjah, in den Vereinigten Arabischen Emiraten, die sich vom Persischen Golf bis zum Golf von Oman erstrecken. Seit 30 Jahren diente die Sharjah Biennial und seit 2009 auch die Sharjah Art Foundation Künstler*innen als Plattform, die in einem gemeinhin als »globaler Süden« bezeichneten geografischen Raum leben oder arbeiten.
Über Auftragsarbeiten und Ausstellungen, Performances und Gespräche und ihre öffentliche Sammlung moderner und zeitgenössischer Kunst hat die Foundation ein Archiv der Gedanken- und Ausdruckswelten zeitgenössischer Künstler*innen geschaffen. Die Sammlung bietet eine vielfältige und kollektive Chronik von Geschichten und Zukunftsvisionen und umfasst eine rekordverdächtige Zahl von Kunstwerken, die in einem inhaltlichen Bezug zueinanderstehen.
Als Inspirationsquelle dienten die richtungweisenden Memoiren der verstorbenen Künstlerin und Schriftstellerin Etel Adnan, Im Herzen des Herzens eines anderen Landes (2004). Die in der Ausstellung versammelten Kunstwerke entfalten ihre Wirkung über eine Vielzahl realer und imaginierter Grenzen hinweg und sollen Gefühle der Sehnsucht, Erinnerung, Heimkehr und Trennung vermitteln.
Die Politik des Ortes und der Ortlosigkeit wird durch unzählige künstlerische Ausdrucksformen erkundet, von Saloua Raouda Choucairs mosaikartigen architektonischen Strukturen über Huguette Calands sinnliche abstrakte Gemälde bis hin zu Simone Fattals architektonischen Skulpturen. Diese Kunstwerke treten in einen Dialog mit zeitgenössischen Entwürfen, beispielsweise von Marwan Rechmaoui, der wiederbelebte urbane Räume für seine Heimat Libanon entwickelt hat, ein Land, das leider immer wieder von Konflikten und dem daran anschließendem Verfall erschüttert wird.
Die Earthwork-Bilder des geheimnisumwobenen Künstlers Marcos Grigorian – ein Multitalent, dessen Vita nicht weniger abwechslungsreich als sein Kunstschaffen war – kontrastieren mit Adam Heneins zarten Papyrus-Zeichnungen. Inmitten dieser Bilderreisen finden sich großformatige und ausdrucksstarke Darstellungen verformter Körper, wie in den Selbstporträts von Rasheed Araeen und Amal Kenawy, die von der Möglichkeit zeugen, eine Grenze zwischen dem Selbst und den Anderen zu ziehen.
Die besiegte Stimme, ein lebendiges Archiv, erwacht in Lawrence Abu Hamdans erschütternden Erkundungen in einer allumfassenden Dunkelheit zum Leben. Durch diese Ansammlung von Geschichten entsteht eine sensorische Choreographie. In the Heart of Another Country entwirft Pläne für eine Neuinterpretation des Kontexts, sei es an Land, an Bord von Schiffen oder aus den vielfältigen Erinnerungen und Erfahrungen von Künstlern. Heimat ist letztlich ein Vorschlag des Werdens, der Erkundung der Möglichkeiten des Gesehen- und Gehörtwerdens.
In the Heart of Another Country wird veranstaltet von den Deichtorhallen Hamburg und der Sharjah Art Foundation, UAE.
Die Ausstellung wurde kuratiert von Dr. Omar Kholeif, Director of Collections and Senior Curator, Sharjah Art Foundation, UAE.
Ausstellungsdesign und Architektur: Todd Reisz.